Martin La Roche verwandelt den Kunstverein in einen begehbaren Gedächtnispalast

Martin La Roche verwandelt den Kunstverein in einen begehbaren Gedächtnispalast

Vom 19. Oktober 2024 bis zum 2. Februar 2025 verwandelt sich der Nassauische Kunstverein Wiesbaden in einen gigantischen Gedächtnispalast. Der Künstler Martin La Roche gestaltet das gesamte Gebäude zu einer interaktiven Ausstellung um, in der Besucher:innen Erinnerung, Wissen und kollektive Erfahrung erkunden. Unter der kuratorischen Leitung der künstlerischen Direktorin Pauline Foß lädt das Projekt dazu ein, umherzuwandern, zu reflektieren und den Raum aktiv mitzugestalten.

Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Etagen und neun Räume, die jeweils unterschiedliche Zugänge zum Thema Erinnerung bieten. Ein Bereich präsentiert ein riesiges Kreuzworträtsel, inspiriert von der britischen Tageszeitung The Guardian, das poetische Verbindungen zwischen Wörtern und Ideen anregt. Im Wintergarten lagern 192 Objekte in Boxen – Besucher:innen können Gegenstände auswählen und sie per Postkarte kuratieren, wodurch ihre Auswahl in das wachsende Archiv eingebettet wird.

Im Spielzimmer lädt die Installation Sandspiel dazu ein, Objekte im Sand anzuordnen und dabei persönliche Assoziationen zu wecken. Gleichzeitig zeigt La Roches Musée Légitime – ein tragbares Museum in einem Hut – 18 Miniaturhüte und 193 winzige Kunstwerke, die von Künstler:innen weltweit stammen. Statt einer klassischen Präsentation entsteht hier ein System der Intuition, das Erinnerungen zu Geschichten und Geschichten zu räumlichen Erfahrungen verknüpft. La Roche beschreibt das Projekt als Experiment, als Dialog und als begehbares internet archive. Ziel ist es nicht nur zu beobachten, sondern sich zu erinnern – an sich selbst, an andere und sogar an das, was hätte sein können. Indem der Kunstverein zum Ort des Spiels und des Austauschs wird, verschwimmen die Grenzen zwischen Galerie und aktiver Teilhabe.

Der Gedächtnispalast läuft bis Anfang Februar 2025 und bietet die seltene Gelegenheit, in ein lebendiges Archiv gemeinsamer und persönlicher Erinnerungen einzutauchen. Die Besucher:innen verlassen die Ausstellung nicht nur als Betrachter:innen, sondern als Mitgestalter:innen, deren Interaktionen die sich ständig weiterentwickelnde Erzählung der Schau prägen. Das Projekt definiert den Kunstraum neu – als einen Ort, an dem Erinnerung sowohl bewahrt als auch fortwährend neu erschaffen wird.